Frankfurter Delegierte bei der NABU-LVV 2025

Am 29. Juni 2025 fand die Landesvertreterversammlung (LVV) 2025 vom NABU Hessen in Bad Salzhausen statt. Über 160 Delegierte aus allen Landesteilen - darunter auch sieben aus Frankfurt - kamen zusammen, um über die Zukunft des Schutzes der biologischen Vielfalt in Hessen zu beraten.

 

Nach der Begrüßung durch Maik Sommerhage, Landesvorsitzender des NABU Hessen, stellte Hartwig Brönner, Stellvertretender Vorsitzender des LBV, die Arbeit und Themen des LBV in Bayern vor. Anschließend wurde ein Überblick über die Arbeit des NABU Hessen un der NABU-Stiftung Hessisches Naturerbe gegeben sowie Ehrungen vorgenommen, bevor es in die Mittagspause ging. Diese und die kurzen Pausen zwischendurch wurden genutzt, sich mit den Naturschutzmacher*innen aus ganz Hessen auszutauschen und sich die Ausstellungsstände anzuschauen.

Nach der Stärkung ging es weiter mit den Berichten des Landesvorstandes, der NAJU Hessen, des Schatzmeisters/FuPa, mit der Vorstellung des Haushaltsplans und der Arbeitschwerpunkte 2026. Darüber hinaus wurden unterschiedlichste Wahlen und Abstimmungen vollzogen, u. a. für eine Resolution an Umweltminister Ingmar Jung, die 
EU-Wiederherstellungsverordnung der Natur in Hessen zügig und ambitioniert umzusetzen (Details folgend), und der 27 Delegierten für die Bundesvertreterversammlung 2025 in Rostock, bei der auch zwei Naturschutzmacher*innen aus Frankfurt dabei sein werden.

 

Weiterführende Links:

NABU Hessen

NABU-Stiftung Hessisches Naturerbe

Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern

 

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Auf der Landesdelegiertenversammlung des NABU Hessen in Bad Salzhausen forderten die über 160 Delegierten Umweltminister Ingmar Jung in einer Resolution dazu auf, die EU-Wiederherstellungsverordnung der Natur in Hessen zügig und ambitioniert umzusetzen. „Ohne Bestäuber keine stabilen Ernten. Ohne gesunde Böden kein Puffer gegen Starkregen und Trockenperioden. Kurzum: Ohne gesunde Ökosysteme keine zukunftsfeste Landwirtschaft. Umso größer ist die Verantwortung für Umweltminister Ingmar Jung, sich für die Wiederherstellungsverordnung in Hessen zu engagieren. Sie sichert langfristig Erträge und eröffnet außerdem Landwirtinnen und Landwirten ein neues Geschäftsfeld, indem sie für Naturschutzmaßnahmen honoriert werden“, erklärte NABU-Landesvorsitzender Maik Sommerhage. 

 

Umweltminister Ingmar Jung und acht weitere CDU-Umwelt- bzw. Landwirtschaftsminister haben Mitte Juni bei der EU-Kommission die komplette Aufhebung des Europäischen Renaturierungsgesetzes beantragt. Und dies im Alleingang, ohne Abstimmung in der Hessischen Regierungskoalition. Der Naturschutzbund NABU sieht darin einen Frontalangriff auf die Lebensgrundlagen der Menschen.

Die „Attacke“ der Umweltminister sei sehr kurzsichtig und könne auch nicht im Interesse der Landnutzer sein. Der hessische Umweltminister sollte, so die Delegierten, die Verordnung als Zukunftschance begreifen und gemeinsam mit Landwirtschaft und Naturschutz dafür sorgen, dass sie tatkräftig mit Leben gefüllt wird. „Dringlich ist es nun, den Wiederherstellungsplan zu erarbeiten, die Finanzierung auf eine solide Grundlage zu stellen und neben der Planung sofortige Maßnahmen zu ergreifen. Jetzt liegt es am Umweltministerium, diese Chance zu nutzen und das Gesetz wirkungsvoll für Natur und Landwirtschaft auszugestalten“, erläutert Sommerhage. Beim Schutz der Natur gehe es um lebensnotwendige Ökosystemleistungen wie sauberes Wasser, fruchtbare Böden und saubere Luft. „Für unsere Wirtschaft, Ernährungssicherheit und Gesundheit sind wir auf eine intakte Natur angewiesen. Wiederherstellungsmaßnahmen bringen nachweislich auch einen hohen ökonomischen Mehrwert“, so Sommerhage. Die ökologische Existenzsicherung ist dabei auch wesentlich für die Anpassung an die Auswirkungen der Klimakrise, darunter an Extremwetterereignisse wie Dürren oder Hochwasser. Intakte Wiesen, Feuchtgebiete, Wälder und Moore tragen zudem als natürliche Kohlenstoffsenken nicht unerheblich zum Klimaschutz bei. 

Trotz einer eigenen Biodiversitätsstrategie hat das Land Hessen noch viele Hausaufgaben zu erledigen. Viele geschützte Tiere, Pflanzen und Lebensräume befinden sich weiterhin in einem ungünstig-schlechten Erhaltungszustand. So sind etwa die hessischen Vogelbestände in den letzten 24 Jahren um über 50 Prozent geschrumpft: Im Offenland gilt dies z. B. für Schleiereule, Bluthänfling, Feldlerche, Feldschwirl, Rebhuhn, Braunkehlchen und Kiebitz. In den Wäldern für Waldohreule und Waldlaubsänger, in den Auen für Gelbspötter, Teichrohrsänger, Rohrammer und Kuckuck. „In einer solchen Lage Initiativen zur Abschaffung der Wiederherstellungs-Verordnung der Natur zu unterstützen, ist kontraproduktiv und letztlich zukunftsblind“, erklärt Sommerhage.


Hintergrund
­Im vergangenen Jahr hatte die Europäische Union die Wiederherstellungs-Verordnung der Natur (Nature Restoration Law) verabschiedet. In zwei Schreiben an die EU-Kommission sowie den Bundesminister für Landwirtschaft fordern die unionsgeführten Umwelt- bzw. Agrarministerien, darunter auch das hessische, die Verordnung vollständig aufzuheben. Mit ihr sollen zerstörte Ökosysteme wiederhergestellt werden, um die biologische Vielfalt zu stärken und so auch die Landwirtschaft widerstandsfähiger im Klimawandel zu machen. Die Verordnung sieht vor, dass bis 2030 Wiederherstellungsmaßnahmen auf mindestens 20% der Landfläche eingeleitet werden sollen. Bis 2050 sind alle Ökosysteme, die der Wiederherstellung bedürfen, wiederherzustellen. Dies gilt für die Lebensräume und Arten der FFH- und Vogelschutzrichtlinie, für Waldökosysteme, Meeres- und Küstenökosysteme, Süßwasserökosysteme und Auen, landwirtschaftliche Ökosysteme, städtische Ökosysteme und Bestäuber-Populationen.

Die Wiederherstellungsverordnung der Natur ist ein wichtiges Instrument, um eine Trendumkehr einzuleiten und unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu sichern. Die EU-Kommission hat den Mitgliedstaaten in der Verordnung bewusst keinen starren Umsetzungsrahmen vorgeschrieben, sondern Flexibilität für konkrete Maßnahmen eingeräumt. Die Verordnung wurde in den Verhandlungen mehrfach mit Kompromissen angepasst und demokratisch legitimiert, auch mit Stimmen der EVP-Fraktion, also der Parteifamilie der CDU im Europäischen Parlament. Der NABU Hessen spricht sich für eine entschlossene Wiederherstellung der Natur und die ambitionierte Umsetzung der Naturschutzgesetzgebung in Hessen und ganz Deutschland aus.